Herfried Münkler: Macht im Umbruch - Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - jensbehns jimdo page!

Herfried Münkler: Macht im Umbruch - Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

(Quelle: eigene)

Der Politikwissenschaftler und emeritierte Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte Herfried Münkler hat in kurzer Zeit zwei Bücher veröffentlicht, die sich aktuell und fundiert mit den Umbrüchen in der Welt und den Neuaufstellungen innerhalb der Ordnung dieser Welt beschäftigen.
»Welt in Aufruhr« erschien 2023 und darin prophezeit Münkler für die nächsten Jahre eine Weltordnung, welche die derzeitige – vergehende – ablöst und im Wesentlichen von fünf Großmächten dominiert werden wird: die USA, Russland, China, Indien und – mit Abstrichen – die Europäische Union.
In dem 2025 erschienenen »Macht im Umbruch – Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts« geht der Wissenschaftler der Frage nach, wie die Bundesrepublik innerhalb der EU eine größere, wenn nicht gar eine Führungsrolle (tatsächlich kommt für Münkler nur die Führungsrolle in Frage, einzig, weil kein anderer Kandidat zur Verfügung steht und zwingend ein Staat notwendig ist, um die EU zu ordnen und zu einen) übernehmen könnte oder sollte und mit welchen Mitteln ein Platz in der künftigen Weltordnung zu besetzen ist.

Es geht dabei um Demokratie allgemein und im Speziellen in Deutschland, Europa und seine Grenzen und darum, ob »der Westen« in der Welt noch eine Zukunft hat. Dabei ist der Autor meist direkt am Puls der Zeit und, resultierend aus dem nahen Veröffentlichungsdatum, fast immer brennend aktuell.
Doch am spannendsten (und ohne Frage auch am beklemmendsten) wird der Text, wenn Münkler uns mit in die Vergangenheit nimmt und gleichzeitig Parallelen zur Jetztzeit und dem derzeitigen Weltgeschehen zieht.
Namentlich der Hitler-Stalin-Pakt (oder genauer der Molotow-Ribbentrop-Vertrag – der Nicht-Angriffs-Pakt, den Hitlerdeutschland mit der Sowjetunion schloss) und vor allem Hitlers Vorgehen ab 1933, um den Einfluss in Ost- und Südeuropa zu vergrößern. Der Anschluss Österreichs, die »Heim-ins-Reich-Kampagne« mit dem geforderten Anschluss des Sudetenlandes (die Propaganda der Nazis, wonach die Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei unterdrückt wurden und geschützt werden mussten, kommt einem in den heutigen Zeiten bekannt vor) und auch die Quasi-Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einer Nebenklausel eben jenes Nicht-Angriffs-Vertrages können als Blaupause gesehen werden für Russlands Vorgehen in der heutigen Zeit.
Zumindest ist der Autor der Meinung, dass sich Putin und seine Generäle vor der Invasion in der Ukraine 2022 sehr genau über die Pläne Hitlers und seiner Helfer gebeugt haben und auch die Reaktionen der anderen Mächte Europas sehr genau registrierten. Denn die Appeasement- und Beschwichtigungspolitik der Anrainer und Nachbarstaaten in Europa zeigt doch starke Parallelen zu heutigen Strömungen.
Und es stockt einem der Atem, wenn man bedenkt, dass es einen Winston Churchill brauchte, um wenigstens das Vereinigte Königreich auf einen strikten Oppositionskurs zu den Expansionsplänen Hitlerdeutschlands zu bringen.

Nicht jedem werden die Thesen des Autors gefallen und natürlich sind andere Meinungen zulässig. Doch Münkler argumentiert sachlich und hält sich abseits der geifernden, emotionsgeladenen Diskussionspfade, man kann ihm fast überall hin folgen, auch wenn das dann und wann wehtut.

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